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Eine Autorengruppe um Prof. Guan nennt fünf Gründe, warum die Einschränkungen des Bewegungsverhaltens von Kindern in diesen Zeiten bedenklich sein könnten.
Die Evidenzlage zu Auswirkungen ausreichender körperlicher Aktivität auf die physischen und psychischen Gesundheit hat sich in dem letzten Jahrzehnt durch zahlreiche Studien so verstärkt, dass der Zusammenhang zwischen Bewegung und Gesundheit längst als gesichert gilt.
So geben die globalen Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor, dass sich Vorschulkinder (im Alter von 3-4 Jahren) pro Tag mindestens 180 Minuten bewegen, nicht mehr als eine Stunde sitzend vor einem Bildschirm verbringen und täglich 10 -13 Stunden schlafen sollten. Für Kinder und Jugendliche im Schulalter (5-17 Jahre) wird empfohlen, sich mindestens 60 Minuten lang moderat bis intensiv körperlich zu betätigen, nicht mehr als zwei Stunden sitzende Freizeitbeschäftigung zu betreiben und täglich 9-11 Stunden zu schlafen.
Eine Autorengruppe um Prof. Hongyan Guan des Department of Integrated Early Childhood Development aus Beijing in China und Prof. Anthony Okely des Early Start and Illawarra Health & Medical Research Institute aus Wollongong in Australien, fassten für die renommierte Zeitschrift THE LANCET Child & Adolescent Health in fünf Punkten zusammen, warum die derzeitige COVID-19 Pandemie und weltumspannende Bewegungseinschränkungen, insbesondere für Kinder fatal sein könnten:
- Erstens zeigen Daten aus der Zeit vor COVID-19, dass im Durchschnitt nur ein Fünftel der Vorschulkinder und weniger als 10% der Kinder im Schulalter alle Bewegungsrichtlinien erfüllen. Angesichts des starken Zusammenhangs zwischen Gesundheitsparametern und Bewegungsverhalten würde die Gesundheit der Kinder während der COVID-19-Pandemie noch stärker beeinträchtigt werden.
- Zweitens könne die Zeit des in vielen Ländern geforderten „Zuhause-Bleibens“ - insbesondere wenn sie in geschlossenen Räumen und auf engem Raum stattfindet - zu einem höheren Risiko eines Vitamin-D-Mangels und zu Problemen der psychischen Gesundheit und Kurzsichtigkeit führen.
- Drittens: Obwohl Kinder weniger anfällig für COVID-19 zu sein scheinen, könne die Aufrechterhaltung oder Steigerung des körperlichen Aktivitätsniveaus ihr Risiko für Atemwegsinfektionen verringern.
- Viertens könnten die Ressourcen, die Kindern helfen, mit lebensverändernden Umständen umzugehen (wie z.B. die Rolle der körperlichen Aktivität) beim Aufbau von Widerstandsfähigkeit, beeinträchtigt werden.
- Fünftens könnten die interaktiven Auswirkungen des individuellen Bewegungsverhaltens verstärkt werden: Kinder, die weniger aktiv sind und mehr Zeit am Bildschirm verbringen, haben wahrscheinlich einen schlechteren Schlaf. Und schließlich könnte es potenzielle längerfristige gesundheitliche und wirtschaftliche Konsequenzen geben, wenn die nachteiligen Verhaltensanpassungen, wie z.B. weniger Aktivität, zum neuen Normalfall würden.
Die aufgeführten Punkte der Autorengruppe weisen darauf hin, dass die COVID-19 Pandemie bereits bestehende Probleme verstärkt. So hielt Prof. Martin Engelhardt, Past Präsident und aktueller Schriftführer der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS), bereits 2017 ein Plädoyer für die Prävention von Bewegungsmangel im Kindesalter:
„Nur knapp ein Drittel der Jungen und ein Fünftel der Mädchen bewegen sich täglich eine Stunde. 1950 war das noch anders, da bewegte sich der Deutsche im Schnitt noch 10 km am Tag, jetzt beträgt die Strecke unter 700 m.“, schreibt Prof. Engelhardt und fordert konkrete Präventionspläne:
„Damit wir unser bewährtes Gesundheitssystem auf hohem Niveau halten können, bedarf es eines Präventionsplans. Dieser sollte mit dem Staat, Kindergärten und Schulen, dem organi-sierten Sport und der DGOU abgestimmt, mit den entsprechenden Schulungsmaßnahmen unterlegt und langfristig angelegt sein.“ Sein Fach, die Sportorthopädie, solle dabei eine wichtige Rolle einnehmen.
Der Artikel wurde geschrieben von Laura L. Bischoff.